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Europawoche 2017

Neue Perspektiven der Regionalentwicklung in Sachsen und Europa in Fachforum diskutiert

Abteilungsleiter Max Winter begrüßt die Teilnehmer zum Auftakt des Fachforums
Abteilungsleiter Max Winter begrüßt die Teilnehmer zum Auftakt des Fachforums  © SMI

Anlässlich der Europawoche 2017 veranstalteten am 15. Mai 2017 das Sächsische Staatsministerium des Innern und das Leibniz-Institut für Länderkunde gemeinsam ein Fachforum zu innovativen Ansätzen für die Regionalentwicklung. Die Veranstaltung im Innenministerium traf auf großes Interesse seitens der kommunalen und regionalen Akteure in Sachsen, ein Zeichen für die Relevanz der Thematik, sowie Indiz, dass die sächsischen Kommunen  und Regionen bereit sind, auch neue Wege der Regionalentwicklung zu beschreiten.

Themengebiete

Im Zentrum der Veranstaltung standen dabei besonders die Regionen abseits  der großen Zentren, die häufig mit besonderen Herausforderungen wie dem Verlust von Bevölkerung und Arbeitsplätzen, Fachkräftemangel und reduzierter Daseinsvorsorge konfrontiert sind. Konkret wurden Ansätze aus drei Themengebieten diskutiert:

  1. Welche Rolle spielen lokale und sozialwirtschaftliche Initiativen für die Regionalentwicklung?
  2. Wie kann betriebliche Innovationstätigkeit abseits der Agglomerationen unterstützt werden?
  3. Vor welchen Chancen und Herausforderungen steht die Regionalentwicklung in den Regionen abseits der Metropolen?

Plenumsvorträge

Zu Beginn der Veranstaltung betonte Max Winter, Abteilungsleiter Landesentwicklung, Vermessungswesen, Sport im Sächsischen Staatsministerium des Innern, die Bedeutung der Vertreter der Regionen vor Ort für das Gelingen der europäischen Integration und die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn als auch für die Entstehung von  innovativen Projekten im Bereich Regionalentwicklung. Ergänzend dazu stellte Prof. Sebastian Lentz, Direktor des Leibniz-Instituts für Länderkunde, fest, dass Wissen und Innovation nicht zwingend an spezifische Orte gebunden sind, sondern im Prinzip überall generiert werden  können. 

Dr. Markus Egermann vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung in Dresden sprach sich in seinem Beitrag „New York, Brüssel, Schwarzenberg - Perspektiven der Regionalentwicklung in Sachsen“ für einen grundlegenden Kulturwandel aus. Statt einer an Wachstum und Globalisierung orientierten Raumentwicklungspolitik empfiehlt der Geograph und Raumplaner, ländliche und periphere Regionen als „Reallabore für eine postwachstumsorientierte, solidarische und ökologisch nachhaltige Wirtschafts- und Gesellschaftsform“ zu verstehen und zu fördern. Diesem Beitrag hielt Heinz Lehmann, MdL und Vorsitzender der deutschen Delegation im Ausschuss der Regionen, entgegen, dass Wachstum für eine positive Regionalentwicklung unvermeidlich sei, es aber darauf ankäme, wie sozial- und umweltverträglich dieses Wachstum gestaltet sei. Folglich gelte es, für innovative Ideen auf politischer Ebene breite Mehrheiten zu organisieren.

Andreas Willisch vom Thünen-Institut für Regionalentwicklung stellte das von ihm koordinierte Programm „Neulandgewinner. Zukunft erfinden vor Ort“ vor, mit dem die Robert-Bosch-Stiftung seit 2013 aktive Bürger aus dem ländlichen Raum Ostdeutschlands unterstützt. Hintergrund ist die Einsicht, dass eigenverantwortliches Handeln und bürgerschaftliches Engagement eine zunehmend wichtige Rolle für die Zukunftsfähigkeit von Kommunen und Regionen spielen. Er betonte, dass soziale Innovationen sich nur vermehren können, wenn sie mit möglichst vielen Akteuren geteilt werden und dass die Neulandgewinner als Agenten des Wandels dabei eine zentrale Rolle spielen.

Der Wirtschaftsgeograph Professor Oliver Ibert vom Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung in Erkner forderte in seinem Beitrag zudem ein Umdenken in der Zentrum-Peripherie-Debatte. Zentrum und Peripherien sind ihm zufolge nicht als Gegensätze zu sehen, sondern ergänzen sich gegenseitig. Sowohl die Ballungszentren als auch die kleineren Städte und ländlichen Regionen sollten als Räume mit eigenen Qualitäten und Potenzialen betrachtet werden. Dadurch eröffne sich die Chance, nach möglichen Rollen peripherer Regionen in räumlich arbeitsteilig organisierten Innovationsprozessen zu suchen.

Zum Abschluss der Plenumsvorträge führte Dr. Thilo Lang vom Leibniz-Institut für Länderkunde kurz in die drei Diskussionsforen ein.

Diskussionsforen

Im Diskussionsforum „Lokale Initiativen als Chance für die kommunale Entwicklung“ wurden von Melinda Mihály von der Social Impact gGmbH Ansätze der sozialen Ökonomie in Europa sowie praktische Beispiele aus Deutschland und Ungarn vorgestellt. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass es aufgrund ortsspezifischer Bedarfe keine Pauschallösungen gibt. Zentral für den Erfolg der Initiativen seien aber eine gewisse Wertschätzung (sowohl mental als auch finanziell), stabile Netzwerke und langfristiges Denken.

Im Diskussionsforum „Wie können betrieblich Innovationsaktivitäten unterstützt werden?“ stellte Martin Graffenberger vom Leibniz-Institut für Länderkunde seine Forschungen zu Innovationsprozessen, ihren Auslösern und Erfolgsfaktoren in Sachsen und Süd-Estland vor. Ergänzt wurde dies durch einen Einblick in das Thema Fachkräftegewinnung am Beispiel der Norafin Industries (Deutschland) GmbH durch Marc Jolly, den Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung von Norafin. Als zentrale Punkte kristallisierten sich auch hier die Netzwerkbildung, die Sichtbarkeit der Unternehmen sowie eine wertschätzende Kommunikation zwischen Region und Unternehmen heraus. Allerdings gebe es in der Zusammenarbeit zwischen Region, Industrie, Handwerk und Schulen noch Verbesserungsbedarf, um auch zukünftig erfolgreich sein zu können.

Im letzten Diskussionsforum „Arbeiten gegen den Trend in Zeiten des ‚Metropolenfiebers‘“ gab Alexandru Brad einen vergleichenden Überblick über europäische, deutsche und rumänische Leitbilder der Regionalentwicklung und stellte ein Beispiel der interkommunalen Zusammenarbeit in Rumänien vor. Auch die Stadt Zittau setzt auf Kooperation. Thomas Zenker, Oberbürgermeister in Zittau, betonte die Chancen, die Zittaus Lage im Dreiländereck zu Polen und Tschechien und die Nähe zur nordböhmischen Großstadt Liberec bieten.

Diskussionsforum "Arbeiten gegen den Trend in Zeiten des ‚Metropolenfiebers‘"
Diskussionsforum "Arbeiten gegen den Trend in Zeiten des ‚Metropolenfiebers‘"  © SMI

Zum Abschluss des Fachforums gab Dr. Ludwig Scharmann vom Sächsischen Innenministerium noch einen Ausblick auf die Strategiefelder der Regionalentwicklung in Sachsen. Er betonte noch einmal die Bedeutung europäischer Entwicklungen für die sächsische Regionalpolitik und warb dafür, Innovation als komplexen, gesamtgesellschaftlichen Prozess nicht nur in der Technologie, sondern auch im sozialen und wirtschaftlichen Bereich zu verstehen.

An der Veranstaltung nahmen mehr als 100 Kommunal- und Regionalvertreter, Staatsverwaltung, Wirtschaftsförderer sowie Vertreter der Kammern als auch Wissenschaftler und Praktiker teil.  Das Fachforum war von intensiven Diskussionen geprägt und hat einen Dialog unterschiedlicher Perspektiven und Akteure angestoßen. Es ist zu wünschen, dass die eine oder andere Idee auf regionaler Ebene umgesetzt werden könnte. Die Organisatoren bedanken sich für die rege Teilnahme.   

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