Regionalplanertagung 2021
Am 7. und 8. Oktober 2021 fand die 12. Sächsische Regionalplanertagung im Hotel „Ramada by Windham“ in Dresden statt. Ausrichter und Gastgeber der Veranstaltung war diesmal der Regionale Planungsverband Oberes Elbtal/Osterzgebirge.
Das Thema lautete „Gleichwertige Lebensverhältnisse in Sachsen – Befunde und Handlungserfordernisse“. Die diesjährige Veranstaltung musste pandemiebedingt von 2020 auf 2021 verschoben werden.
Das Leitbild gleichwertige Lebensverhältnisse ist mittlerweile seit mehr als 30 Jahren als raumordnerische Leitvorstellung im Raumordnungsgesetz der Bundesrepublik fest verankert. Durch die vom Bundesinnenministerium einberufene Kommission gleichwertige Lebensverhältnisse hat das Thema in jüngerer Zeit erneut an Relevanz gewonnen.
Die zweitägige Tagung wurde in vier Fachblöcke untergliedert.
- Fachblock I: Gleichwertige Lebensverhältnisse – Einführung in die Thematik sowie Befunde und Erwartungen an die Raumplanung aus der Sicht der Akteure
- Fachblock II: Das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse im Spannungsfeld zwischen wachsenden Ballungszentren und schrumpfenden ländlichen Regionen
- Fachblock III: Das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse im Spannungsfeld zwischen Entwicklung und ökologischer Nachhaltigkeit
- Fachblock 4 – Podiumsdiskussion
Nach der einleitenden Begrüßung der Teilnehmer und Teilnehmerinnen durch den Verbandsvorsitzenden des gastgebenden Regionalen Planungsverbandes und Landrat des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Herrn Michael Geissler, begann die Fachveranstaltung mit einem Grußwort unseres Staatssekretärs, Herrn Dr. Frank Pfeil.
Er begrüßte seitens des Ministeriums die Teilnehmer der Tagung und hob in Bezug auf das Tagungsthema den Beitrag der Raumordnung zur Gleichwertigkeitsdiskussion hervor. Er verwies auf die Postulate zur gemeinsamen Zukunftsgestaltung durch die Kommission für gleichwertige Lebensverhältnisse, in deren Entwicklung auch die Bundesländer einbezogen worden waren und sich Sachsen entsprechend eingebracht hat. Die Positionen der Landes- und Regionalplanung, aber auch der Kommunen seien wichtig, um über neue Wege und Instrumente der Daseinsvorsorge nachzudenken. Die Sicherung der gleichwertigen Lebensverhältnisse erfordere Innovationen für die Zukunft. Dies werde nur durch enge Kooperationen insbesondere zwischen Stadt und Land möglich sein. Vielseitige Veränderungsprozesse, die sich derzeit vollziehen, müssten in die Überlegungen einbezogen werden. Wanderungen funktionierten nicht nach dogmatischen Plansätzen, sondern nach Halte- und Bleibefaktoren vor Ort. In dem Zusammenhang plädierte er auch für ein neues Narrativ für den ländlichen Raum. Er verwies u. a. auf die Strategie der Staatsregierung für den Ländlichen Raum (2018) und auf die Dachstrategie des SMR für Vitale Regionen. Eine Herausforderung bestehe darin, zunehmend „in Regionen“ und weniger in den Kategorien „Stadt“ und „Land“ zu denken, dabei aber auch etablierte demokratische Entscheidungsgremien nicht infrage zu stellen. Er sprach sich dafür aus, die immer wieder diskutierte Beschränkung nichtzentralörtlicher Kommunen auf die Eigenentwicklung neu zu bewerten. Der Landesentwicklungsplan sei in erster Linie ein Plan, der Entwicklungen ermöglichen soll und nicht verbiete. Beitrag der Raumordnung, Landes- und Regionalplanung sollte es sein, mit den sich im Zuge von Entwicklungsprozessen entstehenden Konflikten auseinanderzusetzen, Abwägungen vorzunehmen und Planungen zu effektivieren.
Herr Oberbürgermeister Bernd Wendsche (Stadt Radebeul) stellte vor allem in seiner Funktion als Präsident des Sächsischen Städte- und Gemeindetages die kommunale Sichtweise auf das Thema dar. In den Mittelpunkt seines Vortrages rückte er den Aspekt der Demographie mit den Herausforderungen des demographischen Wandels, der für Sachsen eine hervorgehobene Brisanz besitzt und in den ländlichen Räumen vor allem durch eine dramatische Entwicklung in der Altersgruppe der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 39 Jahren besonders zum Tragen kommt. Im Kreisvergleich verzeichneten nur die Städte Leipzig, Dresden und Chemnitz im Zusammenhang mit entsprechenden Studienangeboten einen Zuwachs in dieser Altersgruppe. Die jungen Leute verblieben mehrheitlich in diesen Städten, im ländlichen Raum hingegen gehe dadurch dauerhaft die Bevölkerung mit den Folgen des fehlenden Arbeitskräftepotenzials weiter zurück. Im Erzgebirge zum Beispiel gingen pro Jahr drei Personen in Rente, aber nur eine Person komme nach. Im städtischen Raum fehlten circa ein Drittel, im ländlichen Raum 50 % der Arbeitskräfte. Als fatal bewertete er im Zusammenhang mit der demografischen Situation auch die fehlende Steuerkraft in vielen Kommunen. Insgesamt zeichnete er einen dramatischen Prozess für das Land und forderte die Raumordnung auf darauf zu reagieren. Wichtig für wirksame Lösungen seien Gestaltungs(frei)räume, die entsprechende Gestaltungmöglichkeiten für die kommunale Ebene eröffneten. Mit Verweis auf ein Beispiel aus der Oberpfalz betonte er die Bedeutung aktiver Wirtschaftsansiedlung auch auf dem Lande mit einem Mehrwert für neues Denken, das Vereins- und Dorfleben. Gestaltungsräume, interkommunale Zusammenarbeit und ein gerechter Stadt-Land-Ausgleich für eine höhere Demografiefestigkeit waren einige der von ihm benannten Stichworte für zukünftiges Handeln. Auch sollten Mittelzentren künftig mehr Verantwortung für ihr Umland übernehmen. Notwendig seien gemeinsame Lösungsansätze und eine offene Kommunikation, um den aktuellen und akuten Problemen eines weiteren demographischen Auseinanderdriftens zu begegnen.
Am Ende der Veranstaltung des zweiten Tages fand eine durch Frau Martina Kasparetz-Kuhlmann vom gleichnamigen Ingenieurbüro moderierte Podiumsdiskussion statt, an der auch Herr Prof. Dr. Sponer als Leiter des Referates 41 (Grundsatzfragen, Recht) im SMR, teilnahm. Die Gesprächsrunde wurde mit einem kurzen Impulsvortrag von Herrn Prof. Dr. Peter Dehne, Professur für Planungs- und Baurecht, Hochschule Neubrandenburg, eröffnet.
In einer abschließenden Zusammenfassung von anstehenden Schwerpunkten für die Arbeit der Landesplanung in den nächsten Jahren benannte Herr Prof. Sponer u. a. als Stichwort:
- die ganzheitliche Entwicklung des Landes,
- ein neues Narrativ für den ländlichen Raum, welches nicht nur den Strukturwandel im Blick hat,
- die Stärkung der Zentralen Orte und das Aufstellen von Mittelzentren, ggf. auch Grundzentren, mit ihren jeweiligen Verflechtungsräumen als gemeinsame Verantwortungsräume,
- den Umgang mit dem demografischen Wandel in all seinen Facetten,
- die Arbeit mit Räumen mit besonderem Handlungsbedarf,
- die Auswertung von Forschungs- und Modellprojekten wie Interko2 für weiterführende Erkenntnisse und Schlussfolgerungen,
- Ausbau von Kommunikation.
Herr Winter als Abteilungsleiter für Landesentwicklung und Vermessungswesen im SMR beendete die Tagung mit einem kurzen Schlusswort
Fazit
Als Fazit der Veranstaltung lässt sich sagen, dass es dem Regionalen Planungsverband Oberes Elbtal/Osterzgebirge trotz der schwierigen Begleitumstände in Pandemiezeiten wieder einmal gelungen ist, eine fachlich sehr ansprechende Tagung zu einem hochaktuellen Thema (nicht nur der Raumordnung) zu organisieren. Besonders hervorzuheben ist auch die souveräne und lockere Moderation der Veranstaltung durch Herrn Peter Seifert, Referent in der Planungsstelle des Verbandes.
Die Tagung beinhaltete viele interessante Anregungen, die für die weitere Arbeit innerhalb der Landesentwicklung im SMR und die Umsetzung des Leitbildes Gleichwertige Lebensverhältnisse mitgenommen werden konnten und wir freuen uns schon auf die nächste Regionalplanertagung in zwei Jahren, die in der Planungsregion Chemnitz stattfinden wird.
Alle Vorträge und auch eine Kurzzusammenfassung der Themenblöcke sind auf der Homepage des Regionalen Planungsverbandes Oberes Elbtal/Osterzgebirge eingestellt.